Ende «Verbrenner» 2035? Österreich will Ausstieg noch früher!
Die Europäische Kommission will dem Verbrennungsmotor in Personenwagen und leichten Transportern bis 2035 den Garaus machen. Das geht schneller, findet man in Österreich und will schon 2030 aussteigen.


In letzter Zeit ist ein wahres Guillotine-Rennen ausgebrochen. Parteien, Staaten, aber auch Autohersteller wetteifern um die ambitioniertesten Ausstiegspläne. Auf dem Schafott liegen Benzin- und der Dieselmotor, die das Pech haben, beim Verbrennungsprozess in ihrem Innern das im Treibstoff gebundene CO2 freizusetzen.
Unlängst hat die EU-Kommission die Deadline für den Verbrennungsmotor aufs Jahr 2035 festgelegt. Zwar dürfen dannzumal noch Benziner und Dieselautos und -Transporter fahren, doch Neufahrzeuge werden ab dann nicht mehr zugelassen. Sehr ambitiös, aber wenigstens mit dem Vorteil einer glasklaren Ansage an die Branche. Falls denn Beschluss und Termin so wie beantragt vor den weiteren EU-Gremien bestehen.
Österreich ist der Fahrplan trotzdem noch ein bisschen zu gemütlich. Schon 2040 schliesslich soll die andernorts erst per 2050 angestrebte CO2-Neutralität des Landes Tatsache werden. Auf dem Weg dorthin soll die Fahrt der «Verbrenner» schon 2030 ein Ende haben.
Grüne Ministerin im Kabinett Kurz
Eingebettet ist das «Verbrenner»-Verbot in einen «Mobilitätsmasterplan 2030», der sämtliche Aspekte des Verkehrsgeschehens berührt. «Wir wollen zeigen, wie wir gemeinsam das Verkehrssystem umbauen können, so dass wir unser Klima schützen und die Menschen davon profitieren», sagte Infrastruktur- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Rahmen einer Pressekonferenz. Die Grünen beteiligen sich in Wien seit 2020 als Minderheitspartner an einer Regierungskoalition mit der ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz.
Zum angesprochenen Umbau gehört eine verstärkte Förderung des öffentlichen Verkehrs, aber auch des Langsamverkehrs. So wird der Anteil des motorisierten Individualverkehrs auf dem Papier von heute rund 60 auf noch 42 Prozent zurück. Von selbst wird dies nicht passieren und auch nicht mit Förderung alleine zu erreichen sein. So finden sich auch die üblichen Folterinstrumente gegen das Automobil wie Gebote und Verbote, Verteuerung der Parkplätze oder «zukunftsweisende Formen der Verkehrsberuhigung wie Superblocks» im rund 60-seitigen «Mobilitätsmasterplan 2030».
11'000 neue Windkraftanlagen
Relativ pauschal geht der «Mobilitätsmasterplan» auf die Frage ein, wie es denn um Bereitstellung der erforderlichen Menge Stroms steht. Heute steht Österreich bei der Stromerzeugung ähnlich (gut) da wie die Schweiz, mit einem Anteil von etwa 75 % der erneuerbaren Quellen (Wasser, dazu relativ viel Wind, keine Kernkraft) an der Stromproduktion.
Nur für den Verkehrssektor allein würde der Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen einen zusätzlichen Strombedarf in der Höhe von ca. 71’000 GWh pro Jahr bedeuten, hat die Wirtschaftskammer Österreich ausgerechnet. Das entspricht der Stromerzeugungskapazität von 65 grossen Wasserkraftwerken oder mehr als 11’000 Windkraftanlagen.
Verkehrsclub spricht von Verunsicherung
Der Verkehrsclub ÖAMTC sprach in einer Medienmitteilung von einer weiteren «Verunsicherung für Bürger». Für 2040 habe die grüne Ministerin Gewessler indirekt sogar ein Verbot für Bestandsfahrzeug mit Verbrennungsmotor in den Raum gestellt, indem sie ankündigte, dass die Pkw-Flotte bis 2040 praktisch nur noch aus E-Autos bestehen soll. «Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob ein solcher nationaler Alleingang überhaupt mit EU-Recht vereinbar wäre, verunsichert dieser Plan der Ministerin Millionen österreichischer PW-Besitzer», sagte ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold. Zudem kritisiert der Club, dass ein möglicher (annähernd CO2-freier) Einsatz von E-Fuels in der bestehenden PW-Flotte in den Plänen nicht berücksichtigt werde. Von synthetischen Kraftstoffen ist im Mobilitätsmasterplan zwar die Rede, aber vorwiegend im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung von Schiffs- und Flugverkehr.
Interessanterweise wurde das Strategiepapier der Regierung unter Mitwirkung und im grundsätzlichen Einverständnis der Wirtschaftsverbände erarbeitet.
Als Beschluss sind die Inhalte des Mobilitätsmasterplans der Österreicher (noch nicht) zu sehen. Der Plan ist in erster Linie ein Richtungsweiser und hat keine bindende Kraft. Das Dokument sei «Karte und Kompass», sagt Ministerin Gewessler. Aus diesem würde sich eine lange To-do-Liste, für die nächsten Wochen, Monate und Jahre ergeben.
Ausstiegs-Szenarien der Länder…
Womit wir zum eingangs erwähnten Ankündigungs-Rennen zurückkehren. Österreich würde sich mit dem Verbrennerverbot 2030 auf Rang zwei der Nationen der Welt vorarbeiten, hinter Norwegen, das bereits 2025 einen Anteil von 100 % an emissionsfreien Neuzulassungen anstrebt. Beschlüsse für einen Ausstieg 2030 gibt es von Dänemark, GB, Irland, Island, den Niederlanden, Schweden und Slowenien. 2035 wollen sich u.a. die US-Bundesstaaten New York und Kalifornien vom Verbrennungsmotor abwenden und 2040, sollte es mit einem gemeinsamen EU-Beschluss nicht klappen, die EU-Mitglieder Frankreich und Spanien.
… und der Hersteller
Vielschichtig sind die Ausstiegsszenarien der Autohersteller. Einige legen sich mittelfristig auf eine vollständige Elektrifizierung der Modellneuheiten fest, meinen damit aber auch Plug-ins und andere Hybride. Oder sie beschränken die vollständig emissionsfreien Autos auf den Absatzmarkt Europa, zum Beispiel Volkswagen und Ford per 2030. 100 % batterieelektrische Neueinlösungen haben Jaguar per 2025, Opel für 2028 sowie Mini, Volvo und Fiat für 2030 angekündigt.
Weiterführende Informationen finden sich in folgenden Quellen: Aus für neue Verbrenner (autorevue.at) sowie Mobilitätsmasterplan 2030 | Verkehrswirtschaft.